Novalis Hymnen an die Nacht
1.
Welcher Lebendige,
Sinnbegabte,
Liebt nicht vor allen
Wundererscheinungen
Des verbreiteten Raums um ihn
Das allerfreuliche Licht
Mit seinen Stralen u[nd] Wogen
Seinen Farben,
Seiner milden Allgegenwart
Im Tage.
Wie des Lebens
Innerste Seele
Athmet es die Riesenwelt
Der rastlosen Gestirne
Die in seinem blauen Meere schwimmen,
Athmet es der funkelnde Stein,
Die ruhige Pflanze
Und der Thiere
Vielgestaltete,
Immerbewegte Kraft
Athmen es vielfarbige
Wolken u[nd] Lüfte
Und vor allen
Die herrlichen Fremdlinge
Mit den sinnvollen Augen
Dem schwebenden Gange
Und dem tönenden Munde.
Wie ein König
Der irrdischen Natur
Ruft es jede Kraft
Zu zahllosen Verwandlungen
Und seine Gegenwart allein
Offenbart die Wunderherrlichkeit
Des irrdischen Reichs.
Abwärts wend ich mich
Zu der heiligen, unaussprechlichen
Geheimnißvollen Nacht
Fernab liegt die Welt,
Wie versenkt in eine tiefe Gruft
Wie wüst und einsam
Ihre Stelle!
Tiefe Wehmuth
Weht in den Sayten der Brust
Fernen der Errinnerung
Wünsche der Jugend
Der Kindheit Träume
Des ganzen, langen Lebens
Kurze Freuden
Und vergebliche Hoffnungen
Kommen in grauen Kleidern
Wie Abendnebel
Nach der Sonne,
Untergang.
Fernab liegt die Welt
Mit ihren bunten Genüssen.
In andern Räumen
Schlug das Licht auf
Die lustigen Gezelte.
Sollt es nie wiederkommen
Zu seinen treuen Kindern,
Seinen Gärten
In sein herrliches Haus?
Doch was quillt
So kühl u[nd] erquicklich
So ahndungsvoll
Unterm Herzen
Und verschluckt
Der Wehmuth weiche Luft,
Hast auch du
Ein menschliches Herz
Dunkle Macht?
Was hältst du
Unter deinem Mantel
Das mir unsichtbar kräftig
An die Seele geht?
Du scheinst nur furchtbar
Köstlicher Balsam
Träuft aus deiner Hand
Aus dem Bündel Mohn
In süßer Trunkenheit
Entfaltest du die schweren Flügel des Gemüths.
Und schenkst uns Freuden
Dunkel und unaussprechlich
Heimlich, wie du selbst, bist
Freuden, die uns
Einen Himmel ahnden lassen.
Wie arm und kindisch
Dünkt mir das Licht,
Mit seinen bunten Dingen
Wie erfreulich und gesegnet
Des Tages Abschied.
Also nur darum
Weil die Nacht dir
Abwendig macht die Dienenden
Säetest du
In des Raums Weiten
Die leuchtenden Kugeln
Zu verkünden deine Allmacht
Deine Widerkehr
In den Zeiten deiner Entfernung.
Himmlischer als jene blitzenden Sterne
In jenen Weiten
Dünken uns die unendlichen Augen
Die die Nacht
In uns geöffnet.
Weiter sehn sie
Als die blassesten
Jener zahllosen Heere
Unbedürftig des Lichts
Durchschaun sie die Tiefen
Eines liebenden Gemüths,
Was einen höhern Raum
Mit unsäglicher Wollust füllt.
Preis der Weltköniginn,
Der hohen Verkündigerinn
Heiliger Welt,
Der Pflegerinn
Seliger Liebe
Du kommst, Geliebte
Die Nacht ist da
Entzückt ist meine Seele
Vorüber ist der irrdische Tag
Und du bist wieder Mein.
Ich schaue dir ins tiefe dunkle Auge,
Sehe nichts als Lieb u[nd] Seligkeit.
Wir sinken auf der Nacht Altar
Aufs weiche Lager
Die Hülle fällt
Und angezündet von dem warmen Druck
Entglüht des süßen Opfers
Reine Glut.
2.
Muß immer der Morgen wiederkommen?
Endet nie des Irrdischen Gewalt?
Unselige Geschäftigkeit verzehrt
Den himmlischen Anflug der Nacht?
Wird nie der Liebe geheimes Opfer
Ewig brennen?
Zugemessen ward
Dem Lichte Seine Zeit
Und dem Wachen
Aber zeitlos ist der Nacht Herrschaft,
Ewig ist die Dauer des Schlafs.
Heiliger Schlaf!
Beglücke zu selten nicht
Der Nacht Geweihte
In diesem irrdischen Tagwerck.
Nur die Thoren verkennen dich
Und wissen von keinem Schlafe
Als den Schatten
Den du mitleidig auf uns wirfst
In jener Dämmrung
Der wahrhaben Nacht.
Sie fühlen dich nicht
In der goldnen Flut der Trauben
In des Mandelbaums
Wunderöl
Und dem braunen Safte des Mohns.
Sie wissen nicht
Daß du es bist
Der des zarten Mädchens
Busen umschwebt
Und zum Himmel den Schoos macht
Ahnden nicht
Daß aus alten Geschichten
Du himmelöffnend entgegentrittst
Und den Schlüssel trägst
Zu den Wohnungen der Seligen,
Unendlicher Geheimnisse
Schweigender Bote.
3.
Einst, da ich bittre Thränen
vergoß
Da in Schmerz aufgelöst meine
Hoffnung zerrann und ich einsam stand an dem dürren Hügel, der in engen dunkeln
Raum die Gestalt meines Lebens begrub, Einsam, wie noch kein Einsamer war, von
unsäglicher Angst getrieben, Kraftlos, nur ein Gedanken des Elends noch, Wie
ich da nach Hülfe umherschaute, Vorwärts nicht könnte und rückwärts nicht und
am fliehenden, verlöschten Leben mit unendlicher Sehnsucht hing da kam aus
blauen Fernen, Von den Höhen meiner alten Seligkeit ein Dämmrungs Schauer Und
mit einemmale riß das Band der Geburt, des Lichtes Fessel Hin floh die
irrdische Herrlichkeit und meine Trauer mit ihr. Zusammen floß die Wehmuth in
Eine neue unergründliehe Welt Du Nachtbegeisterung, Schlummer des Himmels
kamst über mich. Die Gegend hob sich sacht empor über der Gegend schwebte mein
entbundner neugeborner Geist. Zur Staubwolke wurde der Hügel und durch die Wolke
sah ich die verklärten Züge der Geliebten In Ihren Augen ruhte die Ewigkeit
ich faßte ihre Hände und die Thränen wurden ein funkelndes, unzerreißliches
Band. Jahrtausende zogen abwärts in die Ferne, wie Ungewitter An ihrem Halse
weint ich dem neuen Leben entzückende Thränen. Das war der Erste Traum in dir.
Er zog vorüber aber sein Abglanz blieb der ewige unerschütterliche Glauben an
den Nachthimmel und seine Sonne, die Geliebte.
4. Sehnsucht nach dem Tode. Er
saugt an mir. 5. Xstus. Er hebt den Stein v[om] Grabe.
Nun weiß ich wenn der lezte
Morgen seyn wird wenn das Licht nicht mehr die Nacht und die Liebe scheucht,
wenn der Schlummer ewig, und nur Ein unerschöpflicher Traum seyn wird.
Himmlische Müdigkeit verläßt mich nun nicht wieder. Weit und mühsam war der Weg
zum heilgen Grabe und das Kreutz war schwer. Wessen Mund einmal die krystallene
Woge nezte, die gemeinen Sinnen unsichtbar, quillt in des Hügels dunkeln Schoos,
an dessen Fuß die irrdische Flut bricht, wer oben stand auf diesem Grenzgebürge
der Welt und hinüber sah, in das neue Land, in der Nacht Wohnsitz, warlich der
kehrt nicht in das Treiben der Welt zurück, in das Land, wo das Licht regiert
und ewige Unruh haußt. Oben baut er sich Hütten Hütten des Friedens, sehnt sich
und liebt, schaut hinüber, bis die willkommenste aller Stunden hinunter ihn in
den Brunnen der Quelle zieht. Alles Irrdische schwimmt oben auf und wird von der
Höhe hinabgespült, aber was Heilig ward durch der Liebe Berührung rinnt
aufgelöst in verborgenen Gängen auf das jenseitige Gebiet, wo es, wie Wolken
sich Mit entschlummerten Lieben mischt.
Noch weckst du,
Muntres Licht,
Den Müden zur Arbeit
Flößest fröliches Leben mir ein.
Aber du lockst mich
Von der Errinnerung
Moosigen Denkmal nicht.
Gern will ich
Die fleißigen Hände rühren
Überall umschauen
Wo du mich brauchst,
Rühmen deines Glanzes
Volle Pracht
Unverdroßen verfolgen
Den schönen Zusammenhang
Deines künstlichen Wercks
Gern betrachten
Den sinnvollen Gang
Deiner gewaltigen
Leuchtenden Uhr,
Ergründen der Kräfte
Ebenmaaß
Und die Regeln
Des Wunderspiels
Unzähliger Räume
Und ihrer Zeiten.
Aber getreu der Nacht
Bleibt mein geheimes Herz
Und ihrer Tochter
Der schaffenden Liebe.
Kannst du mir zeigen
Ein ewigtreues Herz?
Hat deine Sonne
Freundliche Augen
Die mich erkennen?
Fassen deine Sterne
Meine verlangende Hand?
Geben mir wieder
Den zärtlichen Druck?
Hast du mit Farben
Und leichten Umriß
Sie geschmückt
Oder war Sie es
Die deinem Schmuck
Höhere, liebere Bedeutung gab?
Welche Wollust,
Welchen Genuß,
Bietet dein Leben
Die aufwögen
Des Todes Entzückungen.
Trägt nicht alles
Was uns begeistert
Die Farbe der Nacht
Sie trägt dich mütterlich
Und ihr verdankst du
All deine Herrlichkeit.
Du verflögst
In dir selbst
In endlosen Raum
Zergingst du,
Wenn sie dich nicht hielte
Dich nicht bände
Daß du warm würdest
Und flammend
Die Welt zeugtest.
Warlich ich war eh du warst,
Mit meinem Geschlecht
Schickte die Mutter mich
Zu bewohnen deine Welt
Und zu heiligen sie
Mit Liebe.
Zu geben
Menschlichen Sinn
Deinen Schöpfungen.
Noch reiften sie nicht
Diese göttlichen Gedanken.
Noch sind der Spuren
Unsrer Gegenwart
Wenig.
Einst zeigt deine Uhr
Das Ende der Zeit
Wenn du wirst,
Wie unser Einer
Und voll Sehnsucht
Auslöschest u[nd] stirbst.
In mir fühl ich
Der Geschäftigkeit Ende
Himmlische Freyheit,
Selige Rückkehr.
In wilden Schmerzen
Erkenn ich deine Entfernung
Von unsrer Heymath
Deinen Widerstand
Gegen den alten,
Herrlichen Himmel.
Umsonst ist deine Wuth
Dein Toben.
Unverbrennlich
Steht das Kreutz,
Eine Siegesfahne
Unsres Geschlechts.
Hinüber wall ich
Und jede Pein
Wird einst ein Stachel
Der Wollust seyn.
Noch wenig Zeiten
So bin ich los
Und liege trunken
Der Lieb' im Schoos.
Unendliches Leben
Kommt über mich
Ich sehe von oben
Herunter auf Dich.
An jenem Hügel
Verlischt dein Glanz
Ein Schatten bringet
Den kühlen Kranz
O! sauge Geliebter
Gewaltig mich an
Daß ich bald ewig
Entschlummern kann.
Ich fühle des Todes
Verjüngende Flut
Und harr in den Stürmen
Des Lebens voll Muth.
Alte Welt. Der Tod. Xstus neue
Welt, die Welt der Zukunft Sein Leiden Jugend Botschaft.
Auferstehung. Mit den Menschen
ändert die Welt sich. Schluß Aufruf.
5.Über der Menschen
Weitverbreitete Stämme
Herrschte vor Zeiten
Ein eisernes Schicksal
Mit stummer Gewalt.
Eine dunkle
schwere Binde
lag um ihre
bange Seele.
Unendlich war die Erde.
Der Götter Aufenthalt
Und ihre Heymath.
Reich an Kleinoden
Und herrlichen Wundern.
Seit Ewigkeiten
Stand ihr geheimnisvoller Bau.
Über des Morgens
Blauen Bergen
In des Meeres
Heiligen Schoos
Wohnte die Sonne
Das allzündende
Lebendige Licht.
Ein alter Riese
Trug die selige Welt
Fest unter Bergen
Lagen die Ursöhne
Der Mutter Erde
Ohnmächtig
In ihrer zerstörenden Wuth
Gegen das neue
Herrliche Görtergeschlecht,
Und die befreundeten
Frölichen Menschen.
Des Meeres dunkle
Blaue Tiefe
War einer Göttin Schoos.
Himmlische Schaaren
Wohnten in frölicher Lust
In den krystallenen Grotten
Flüsse und Bäume
Blumen und Thiere
Hatten menschlichen Sinn,
Süßer schmeckte der Wein
Weil ihn blühende Götterjugend
Den Menschen gab
Des goldnen Korns
Volle Garben
Waren ein göttliches Geschenk.
Der Liebe trunkne Freuden
ein heiliger Dienst
Der himmlischen Schönheit.
So war das Leben
Ein ewiges Fest
Der Götter und Menschen.
Und kindlich verehrten
Alle Geschlechter
Die zarte, köstliche Flamme
Als das Höchste der Welt.
Nur Ein Gedanke wars
Der furchtbar zu den frohen
Tischen trat
Und das Gemüth in wilde Schrecken hüllte.
Hier wußten selbst die Götter keinen Rath,
Der das Gemüth mit süßen Troste füllte,
Geheimnißvoll war dieses Unholds Pfad
Des Wuth kein Flehn und keine Gabe stillte
Es war der Tod, der dieses Lustgelag
Mit Angst u[nd] Schmerz u[nd] Thränen unterbrach.
Auf ewig nun von allem
abgeschieden
Was hier das Herz in süßer Wollust regt
Getrennt von den Geliebten, die hienieden
Vergebne Sehnsucht, langes Weh bewegt
Schien nur dem Todten matter Traum beschieden
Ohnmächtges Ringen nur ihm auferlegt.
Zerbrochen war die Woge des Genusses
Am Felsen des unendlichen Verdrusses.
Mit kühnem Geist und hoher
Sinnenglut
Verschönte sich der Mensch die grause Larve
Ein blasser Jüngling löscht das Licht u[nd] ruht
Sanft ist das Ende, wie ein Wehn der Harfe
Errinnrung schmilzt in kühler Schattenflut
Die Dichtung sangs dem traurigen Bedarfe
Doch unenträthselt blieb die ewge Nacht
Das ernste Zeichen einer fernen Macht.
Zu Ende neigte
Die Alte Welt sich.
Der lustige Garten
Des jungen Geschlechts
Verwelkte
Und hinaus
In den freyeren Raum
Strebten die erwachsenen
Unkindlichen Menschen.
Verschwunden waren die Götter.
Einsam und leblos
Stand die Natur
Entseelt von der strengen Zahl
Und der eisernen Kette
Gesetze wurden.
Und in Begriffe
Wie in Staub und Lüfte
Zerfiel die unermeßliche Blüthe
Des tausendfachen Lebens.
Entflohn war
Der allmächtige Glauben
Und die allverwandelnde
Allverschwisternde
Himmelsgenossinn
Die Fantasie.
Unfreundlich blies
Ein kalter Nordwind
Über die erstarrte Flur
Und die Wunderheymath
Verflog in den Aether
Und des Himmels
Unendliche Fernen
Füllten mit leuchtenden Welten sich.
Ins tiefere Heiligthum
In des Gemüths höhern Raum
Zog die Seele der Welt
Mit ihren Mächten
Zu walten dort
Bis zum Anbruch
Des neuen Tags,
Der höhern Weltherrlichkeit.
Nicht mehr war das Licht
Der Götter Aufenthalt
Und himmlisches Zeichen
Den Schleyer der Nacht
Warfen Sie über sich
Die Nacht ward
Der Offenbarungen
Fruchtbarer Schoos.
Mitten unter den Menschen
Im Volk, das vor allen
Verachtet,
Zu früh reif
Und der seligen Unschuld der Jugend
Trotzig fremd geworden war,
Erschien die neue Welt
Mit niegesehnen Angesicht
In der Armuth
Wunderbarer Hütte
Ein Sohn der ersten Jungfrau u[nd] Mutter
Geheimnißvoller Umarmung
Unendliche Frucht.
Des Morgenlands
Ahnende, blüthenreiche
Weisheit
Erkannte zuerst
Der neuen Zeit Beginn.
Ein Stern wies ihr den Weg
Zu des Königs
Demüthiger Wiege.
In der weiten Zukunft Namen
Huldigte sie ihm
Mit Glanz u[nd] Duft
Den höchsten Wundern der Natur.
Einsam entfaltete
Das himmlische Herz sich
Zu der Liebe
Glühenden Schoos
Des Vaters hohen Antlitz zugewandt
Und ruhend an dem ahndungsselgen Busen
Der lieblichernsten Mutter.
Mit vergötternder Inbrunst
Schaute das weissagende Auge
Des blühenden Kindes
Auf die Tage der Zukunft,
Nach seinen Geliebten,
Den Sprossen seines Götterstamms,
Unbekümmert über seiner Tage
Irrdisches Schicksal.
Bald sammelten die kindlichsten Gemüther
Von allmächtiger Liebe
Wundersam ergriffen
Sich um ihn her.
Wie Blumen keimte
Ein neues, fremdes Leben
In seiner Nähe
Unerschöpfliche Worte
Und der Botschaften Fröhligste
Fielen wie Funken
Eines göttlichen Geistes
Von seinen freundlichen Lippen.
Von ferner Küste
Unter Hellas
Heitern Himmel geboren
Kam ein Sänger
Nach Palaestina.
Und ergab sein ganzes Herz
Dem Wunderkinde:
Der Jüngling bist du, der seit
langer Zeit
Auf unsren Gräbern steht in tiefen Sinnen
Ein tröstlich Zeichen in der Dunkelheit
Der höhern Menschheit freudiges Beginnen.
Was uns gesenkt in tiefe Traurigkeit
Zieht uns mit süßer Sehnsucht nun von hinnen.
Im Tode ward das ewge Leben kund
Du bist der Tod und machst uns erst gesund.
Der Sänger zog
Voll Freudigkeit
Nach Indostan
Und nahm ein Herz
Voll ewger Liebe mit,
Und schüttete
In feurigen Gesängen
Es unter jenem milden Himmel aus
Der traulicher
An die Erde sich schmiegt,
Daß tausend Herzen
Sich zu ihm neigten
Und die fröliche Botschaft
Tausendzweigig emporwuchs.
Bald nach des Sängers Abschied
Ward das köstliche Leben
Ein Opfer des menschlichen
Tiefen Verfalls
Er starb in jungen Jahren
Weggerißen
Von der geliebten Welt
Von der weinenden Mutter
Und seinen Freunden.
Der unsäglichen Leiden
Dunkeln Kelch
Leerte der heilige Mund,
In entsezlicher Angst
Naht' ihm die Stunde der Geburt
Der neuen Welt.
Hart rang er mit des alten Todes Schrecken
Schwer lag der Druck der alten Welt auf ihm
Noch einmal sah er freundlich nach der Mutter
Da kam der ewigen Liebe
Lösende Hand
Und er entschlief.
Nur wenige Tage
Hieng ein tiefer Schleyer
Über das brausende Meer über das finstre bebende Land
Unzählige Thränen
Weinten die Geliebten.
Entsiegelt ward das Geheimniß
Himmlische Geister hoben
Den uralten Stein
Vom dunklen Grabe
Engel saßen bey dem Schlummernden,
Lieblicher Träume
Zartes Sinnbild.
Er stieg in neuer Götterherrlichkeit
Erwacht auf die Höhe
Der verjüngten, neugebornen Welt
Begrub mit eigner Hand
Die alte mit ihm gestorbne Welt
In die verlaßne Höhle
Und legte mit allmächtiger Kraft
Den Stein, den keine Macht erhebt, darauf.
Noch weinen deine Lieben
Thränen der Freude
Thränen der Rührung
Und des unendlichen Danks
An deinem Grabe
Sehn dich noch immer
Freudig erschreckt
Auferstehn
Und sich mit dir
Mit süßer Inbrunst
Weinen an der Mutter
Seligen Busen
Und an der Freunde
Treuem Herzen
Eilen mit voller Sehnsucht
In des Vaters Arm
Bringend die junge
Kindliche Menschheit
Und der goldnen Zukunft
Unversieglichen Trank.
Die Mutter eilte bald dir nach
In himmlischen Triumpf
Sie war die Erste
In der neuen Heymath
Bey dir.
Lange Zeiten
Entfloßen seitdem
Und in immer höhern Glanze
Regte deine neue Schöpfung sich
Und Tausende zogen
Aus Schmerzen u[nd] Qualen
Voll Glauben und Sehnsucht
Und Treue dir nach.
Und walten mit dir
Und der himmlischen Jungfrau
Im Reiche der Liebe;
Und dienen im Tempel
Des himmlischen Todes.
Gehoben ist der Stein
Die Menschheit ist erstanden
Wir alle bleiben dein
Und fühlen keine Banden
Der herbste Kummer fleucht
Im lezten Abendmale
Vor deiner goldnen Schaale
Wenn Erd und Leben weicht.
Zur Hochzeit ruft der Tod
Die Lampen brennen helle
Die Jungfraun sind zur Stelle
Um Oel ist keine Noth.
Erklänge doch die Ferne
Von deinem Zuge schon
Und ruften uns die Sterne
Mit Menschenzung und Ton.
Nach dir, Maria, heben
Schon tausend Herzen sich
In diesem Schattenleben
Verlangten sie nur dich.
Sie hoffen zu genesen
Mit ahndungsvoller Lust
Drückst du sie, heilges Wesen
An deine treue Brust.
So manche die sich glühend
In bittrer Qual verzehrt
Und dieser Welt entfliehend
Nur dir sich zugekehrt
Die hilfreich uns erschienen
In mancher Noth und Pein
Wir kommen nun zu ihnen
Um ewig da zu seyn.
Nun weint an keinem Grabe
Für Schmerz, wer liebend glaubt.
Der Liebe süße Habe
Wird keinem nicht geraubt.
Von treuen Himmelskindern
Wird ihm sein Herz bewacht
Die Sehnsucht ihm zu lindern
Begeistert ihn die Nacht.
Getrost das Leben schreitet
Zum ewgen Leben hin
Von innrer Glut geweitet
Verklärt sich unser Sinn.
Die Sternwelt wird zerfließen
Zum goldnen Lebens Wein
Wir werden sie genießen
Und lichte Sterne seyn.
Die Lieb' ist frey gegeben
Und keine Trennung mehr
Es wogt das volle Leben
Wie ein unendlich Meer
Nur Eine Nacht der Wonne
Ein ewiges Gedicht
Und unser aller Sonne
Ist Gottes Angesicht.
6. Hinunter in der Erde Schoos
Weg aus des Lichtes Reichen
Der Schmerzen Wuth und wilder Stoß
Ist froher Abfahrt Zeichen.
Wir kommen in dem engen Kahn
Geschwind am Himmelsufer an.
Gelobt sey uns die ewge Nacht,
Gelobt der ewge Schlummer,
Wohl hat der Tag uns warm gemacht
Und welk der lange Kummer.
Die Lust der Fremde gieng uns aus.
Zum Vater wollen wir nach Haus.
Was sollen wir auf dieser Welt
Mit unsrer Lieb' u[nd] Treue
Das Alte wird hintangestellt,
Was kümmert uns das Neue.
O! einsam steht und tiefbetrübt
Wer heiß und fromm die Vorzeit liebt.
Die Vorzeit wo die Sinne licht
In hohen Flammen brannten,
Des Vaters Hand und Angesicht
Die Menschen noch erkannten,
Und hohen Sinns, einfältiglich
Noch mancher seinem Urbild glich.
Die Vorzeit wo an Blüthen reich
Uralte Stämme prangten,
Und Kinder für das Himmelreich
Nach Tod u[nd] Qual verlangten
Und wenn auch Lust u[nd] Leben sprach
Doch manches Herz für Liebe brach.
Die Vorzeit, wo in Jugendglut
Gott selbst sich kundgegeben
Und frühem Tod in Liebesmuth
Geweiht sein süßes Leben
Und Angst und Schmerz nicht von sich trieb
Damit er uns nur theuer blieb.
Mit banger Sehnsucht sehn wir
sie
In dunkle Nacht gehüllet
Und hier auf dieser Welt wird nie
Der heiße Durst gestillet.
Wir müssen nach der Heymath gehn
Um diese heilge Zeit zu sehn.
Was hält noch unsre Rückkehr auf
Die Liebsten ruhn schon lange
Ihr Grab schließt unsern Lebenslauf
Nun wird uns weh und bange.
Zu suchen haben wir nichts mehr
Das Herz ist satt, die Welt ist leer.
Unendlich und geheimnisvoll
Durchströmt uns süßer Schauer
Mir däucht aus tiefen Fernen scholl
Ein Echo unsrer Trauer
Die Lieben sehnen sich wol auch
Und sandten uns der Sehnsucht Hauch.
Hinunter zu der süßen Braut,
Zu Jesus dem Geliebten,
Getrost die Abenddämmrung graut
Den Liebenden Betrübten.
Ein Traum bricht unsre Banden los
Und senkt uns in des Vaters Schoos.

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